Sportpsychologie im Return to Play Prozess

 

Assisting Injured Athletes with the Return to Sport Transition
von Leslie Podlog und Robert C. Eklund
erschienen im Clinical Journal of Sport Medicine – Volume 14 – Number 5 – September 2004

 

Über viele Jahre wurde die Rückkehr von verletzten Athleten in den Sport hauptsächlich von physischen Kriterien bestimmt. Sportpsychologische Studien zeigen jedoch, dass lange nicht jeder physisch rehabilitierte Sportler wieder in der Lage ist, ins Wettkampfgeschehen einzusteigen, sondern dass auch eine psychologische Vorbereitung notwendig ist. Der ehemalige amerikanische Basketball Profi Earvin „Magic“ Johnson kommentierte seinen Return to Sport Prozess so: „But I had lost a lot of confidence during the long layoff. And for a long time after I returned, I still held back. All I could think about was protecting my knee from another injury” („Ich hatte während der langen Pause viel an Selbstvertrauen verloren. Und nach meiner Rückkehr hielt ich mich noch lange zurück. Alles, woran ich denken konnte, war, mein Knie vor einer weiteren Verletzung zu schützen“). Bis vor einiger Zeit wurde keine Notwendigkeit von sportpsychologischen Maßnahmen bei der Rückkehr in den Sport gesehen. Dies hat sich zum Glück geändert und immer mehr Sportler, Trainer und das medizinische Team erkennen die Relevanz der sportpsychologischen Arbeit im Return to Sport Prozess.

 

Studien zufolge haben die physisch genesenen Athleten häufig Angst vor Wiederverletzungen, Bedenken, ob sie ihre alte Leistungsfähigkeit wieder erreichen können oder Schwierigkeiten damit, den Anforderungen des Trainers oder der Teammitglieder nicht genügen zu können. Außerdem stehen sie unter einem enormen Druck, bestimmte zeitliche Deadlines zur Rückkehr in den Sport zu erfüllen.
Ein kanadischer Skifahrer betonte, endlich „Ruhe vor den Druck“ haben zu wollen. Diese Ruhe für eine vollständige Regeneration erhält man dann, wenn man nach eigenem Ermessen entscheiden darf, wie hoch die Trainingsintensität ist, sagte der kanadische Skifahrer.

 

Ein weiterer Grund, warum Sportler häufig schnell wieder zurück in den Sport wollen ist, die Angst, den Anschluss zu ihrem sozialen sportlichen Umfeld zu verlieren. Viele Sportler fühlen sich nämlich durch eine Verletzung vom Team und Trainer abgegrenzt. Kommen die Athleten dann zurück in den Sport müssen sie meist enorme Leistungsrückschläge feststellen, was weiter Druck auf sie ausüben kann. Dies wiederum hat Auswirkungen auf ihr Selbstvertrauen innerhalb ihres Comebacks. Sie sind wie in einem „Hamsterrad“ gefangen...

 

Athleten, die nach einer Verletzung in den Sport zurückkommen, werden häufig mit Schwierigkeiten in drei psychologischen Gebieten konfrontiert: Kompetenz, Autonomie und Zugehörigkeit. Die Theorie der Selbstbestimmung von Ryan und Deci behauptet, dass diese drei Gebiete zu den Grundbedürfnissen eines jeden Individuums zählen. Sie sagen, dass wenn die Umwelt diese Bedürfnisse erfüllt, das Individuum hieraus eine größere Motivation, ein verstärktes Wohlbefinden, eine verbesserte Leistungsfähigkeit und eine bessere soziale Entwicklung schöpfen kann. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt oder die Person ist unzufrieden, führt dies zu Gleichgültigkeit, Entfremdung und Trägheit. Dies gilt nicht nur im Sport, sondern auch auf der Arbeit oder im Familienleben. 

 

Beachtet man, dass die drei Grundbedürfnisse der Selbstbestimmung für Sportler nach Verletzungen relevant sind, so können Trainer, Coaches & Staff, die mit diesen Athleten zu tun haben, durch die Berücksichtigung einiger Punkte zur psychischen Genesung von Sportlern beitragen. 

 

1. Helfe realistische Erwartungen zu wecken
Mit dem Athleten über seine Erwartungen zu reden und in Bezug zur Realität zu setzen schützt den Sportler vor Enttäuschungen durch falsch gesetzte Ziele. Zu hohe Erwartungen seitens des verletzten Sportlers führen zu Enttäuschung, Resignation, Frustration und Verlust des Selbstvertrauens.

 

2. Entwickle schnell erreichbare Teilziele
Ermutige den Athleten, den Fokus auf kurzfristige Ziele zu legen, die sehr aufgabenbezogen sind. Das Erreichen dieser Ziele zeigt dem Sportler seinen Fortschritt und stärkt sein Selbstvertrauen bzw. seine Selbstwirksamkeit. Wird der Athlet mit seinen Therapieerfolgen konfrontiert, so bleibt wenig Platz für Frustration oder anderen Missmut.

 

3. Unterstütze den Athleten Ängste zu überwinden und Selbstvertrauen aufzubauen
Die zwei häufigsten Ängste bei den Sportlern im Return to Sport Prozess sind die Angst vor einer Wiederverletzung und die, nicht mehr so erfolgreich zu sein wie vorher. Mit kleinen, immer schwieriger werdenden physischen Aufgaben kannst du dem Athleten dabei helfen, dass er wieder Vertrauen in die Belastbarkeit seines Körpers aufbaut. Diese sollten immer im schmerzfreien Bereich durchführbar sein. Nach und nach sollten alle Fähigkeiten, die er in seinem Sport benötigt aufgebaut werden. Dokumentierst du diesen Fortschritt, so kann er schwarz auf weiß nachlesen, dass er die Voraussetzungen erfüllt. Dies hilft ihm seine Ängste abzubauen.

 

4. Zeige dem Athleten Vorbilder auf
Eine tolle Möglichkeit den Sportler zu unterstützen ist es, ihm eine Art Mentor zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein ehemaliger verletzter Sportler, der eine ähnliche Situation bereits gemeistert hat und für einen Austausch ansprechbar ist. „Sehen hilft zu glauben“. Wenn der Athlet sieht, dass es möglich ist, so weiß er, dass auch er es schaffen kann.

 

5. Sprich über die Motivation. Warum will der Sportler zurück in den Sport?
Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema kann einige nicht präsente Prozesse aufdecken. Nicht jeder Sportler will aus Eigenmotivation wieder zurück in den Sport. Manche sind extrinsisch motiviert durch Sponsoren, Trainer oder Ähnlichem. Dies kann Auswirkung auf den Heilungsverlauf haben, denn in solchen Fällen besteht häufig auch eine Art Krankheitsgewinn. Egal wozu der Sportler sich entscheidet, er sollte sich der Entscheidung bewusst sein, warum er das tut, was er gerade tut.

 

6. Helfe dem Athleten autonom zu werden
Bestärke den Sportler darin, dass letztendlich er entscheiden darf, wann er wie weit in seinem Return to Sport Prozess geht. Er hat die Verantwortung für sein Leben und sollte seine Entscheidungen so treffen, dass er damit gut schlafen kann.

 

7. Ermutige den Athleten soziale Kontakte und Beziehungen aufrecht zu erhalten
In Kontakt mit dem Team zu bleiben hilft dem Athleten dabei, sich zugehörig zu fühlen. Vielleicht kann er aus seiner Position sogar Aufgaben innerhalb des Teams übernehmen (z.B. organisatorisch).

 

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